Gottfried Selowsky

Name:

Gottfried Selowsky

Alternative Namen:

-

Geburtsdatum / -ort:

10.11.1907
in Hannover

Wohnort:

Obernkirchen

Beruf

Kaufm. Angestellter

Verwandschaftsverhältnisse:

Ehemann der nichtjüdischen Anna Selowsky, geb. Achilles

Emigration am / nach:

-
-

Deportation am / nach:

00.00.1933, Buchenwald
00.02.1945, Theresienstadt, Ghetto /

-

Anderes Schicksal:

Überlebt

Todesdatum: / Todesort:

-

Anmerkung:

Jüdisch, 1930 getauft, bis Juli 1933 Betriebszellenwart der NSDAP. Wohnt 1967 noch in Obernkirchen. 1933 wg. Erschleichung einer NS-Vertrauensstellung verhaftet; KZ-Haft 1938/39 u. 1944/45.

Quellennachweis:

StABü Dep. 29 Nr. 862; L 4 Nr. 5868; Dep. 29 Nr. 995; H 121 a Nr. 510

Gottfried und Anna Selowsky

Die Eheleute Gottfried und Anna (genannt „Änne“) Selowsky, geb. Achilles, wohnten in der Langen Straße, heute Nr. 50 in Obernkirchen. Gottfried wurde 1907 in Hannover als Sohn jüdischer Eltern geboren und lernte Ende der 1920-er seine spätere Ehefrau, die 1905 in Obernkirchen geborene Anna Achilles, eine ev.-luth. getaufte Christin, kennen. Sie heirateten 1930 und wurden christlich getraut. Aus diesem Anlass konvertierte Gottfried im selben Jahr auch zum ev.- luth. Glauben. Ihr im selben Jahr geborener Sohn Rolf und die 1936 geborene Tochter Rosi wurden ebenfalls christlich getauft.
Da in Obernkirchen nur wenigen Leuten die jüdische Vergangenheit Gottfried Selowskys  bekannt war, nahmen auch die Nazi-Oberen aus Obernkirchen keinen Anstoß daran, dass er - vermutlich  ab  1932  - Mitglied der 1927 gegründeten  Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation wurde (NSBO). Diese agierte in den Betrieben zugunsten der NSDAP-Betriebsangehörigen und war ein Vorläufer der späteren "Deutschen Arbeitsfront". Ab 1933 wurde auch von den Mitgliedern der NSBO der "Ariernachweis" verlangt. Dabei flog auf, dass Gottfried jüdischer Herkunft war. Ihm wurde unterstellt, die Öffentlichkeit bewusst getäuscht und sich die Mitgliedschaft erschlichen zu haben. Der antisemitische NS-Bürgermeister Herzog  ließ ihn als Vertreter der Ortspolizeibehörde sofort  verhaften und erklärte im Obernkirchener Anzeiger, "dass es Selowsky aufgrund der seiner Rasse angeborenen Frechheit verstanden [habe], in die Parteiorganisation hineinzuschlüpfen und sich gleich führend in der NSBO zu betätigen“. Außerdem brüstete er sich damit, dass dieser auf seine Veranlassung hin in ein KZ überführt worden sei und dort einige Monate Zeit habe, "über seine Unverschämtheit nachzudenken." Nach einigen Monaten, im August 1933, wurde Gottfried Selowsky aus dem KZ entlassen. In diesem Zusammenhang wurde ihm verboten, sich weiterhin in Obernkirchen aufzuhalten.
Die Rolle der Familienernährerin musste nun seine Frau Änne übernehmen. Zu diesem Zweck verrichtete sie unterschiedliche schlecht bezahlte Arbeiten. Darüber hinaus war sie gezwungen, ergänzende Fürsorgeleistungen der Stadt in Anspruch zu nehmen. Diese versagten ihr Stadtinspektor Gropp und Stadtsekretär Thiemann mit der Begründung, dass ihr Mann aus rassischen Gründen in Haft sei. Auch das Wort "Judenweib" soll bei diesen Auseinandersetzungen gefallen sein.
Gottfried Selowsky durfte zwar ab 1941/42 wieder in Obernkirchen wohnen, aber auch nach Aufhebung des Aufenthaltsverbots wurde der Familienvater immer wieder zu Arbeitseinsätzen außerhalb der Stadt verpflichtet. Ab 1944 war er nur noch fern von Obernkirchen im Arbeitseinsatz.  
Im Februar 1945 wurde Gottfried von Leipzig aus in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort befreite ihn am 09. 05. 1945 die sowjetische Armee. Auch der 15-jährige Sohn Rolf, der nach der Entlassung aus der Volksschule 1944 nach Theresienstadt in ein Zwangsarbeitslager für "Halbjuden" gebracht worden war, wurde befreit und kehrte ebenso wie sein Vater nach Obernkirchen zurück.
Obwohl sie zwölf Jahre lang den NS-Terror in Obernkirchen hatten ertragen müssen, blieben sie bis zu ihrem Tode der Stadt treu.
Gottfried starb 1973 im Alter von 65, seine Frau Änne 1983 mit 78 Jahren. Beide wurden auf dem Obernkirchener Stadtfriedhof beerdigt.